Lehren aus dem Bauernkrieg

2025 jährt sich das Verfassen der „12 Artikel von Memmingen“ und damit der Beginn der Bauernkriege zum 500. Mal. Diese historischen Ereignisse markieren eine der ersten großen Revolten in Europa, in denen Menschen ihre Rechte auf Freiheit, Gerechtigkeit und Teilhabe einforderten. In Memmingen wird dieses Jubiläum mit Veranstaltungen, Ausstellungen und einem besonderen Brot gefeiert. Ein Brot von kräftigem, rustikalem Geschmack, das nach traditionellen Rezepten aus vor 500 Jahren gebacken wird. Doch was lässt sich heute aus den Bauernkriegen lernen?


Der Ursprung der 12 Artikel: Ein Aufschrei gegen Ungerechtigkeit

Im Frühjahr 1525 formulierten Bauern aus verschiedenen Regionen des Heiligen Römischen Reiches ihre Forderungen in den „12 Artikeln“ – einem damals revolutionären Dokument. Darin forderten sie unter anderem das Ende der Leibeigenschaft, gerechte Abgaben, das Recht auf freie Wahl von Geistlichen und den Zugang zu Wäldern und Gewässern. Die Artikel spiegelten den tiefen Wunsch wider, sich aus der Unterdrückung durch Feudalherren und Klerus zu befreien.


Die Lehren aus den Bauernkriegen

Die Bauernkriege endeten in einer blutigen Niederschlagung der Aufstände, doch sie hinterließen ein Vermächtnis: das Bewusstsein, dass soziale Ungerechtigkeit nicht gottgegeben, sondern von Menschen gemacht ist. Dieses Jubiläum ist eine Gelegenheit, sogar unsere heutige Gesellschaft kritisch zu betrachten.

1. Rückschritt oder Fortschritt?

Während die damaligen Bauern gegen die feudalen Strukturen ankämpften, drängt uns die heutige Wirtschaftsordnung erneut in Abhängigkeiten. Denn Multinationale Konzerne und Finanzeliten bündeln zunehmend ihre Macht, was vielen Menschen das Gefühl vermittelt, dass der Wohlstand immer ungerechter verteilt wird.. Die Gefahr eines „modernen Feudalismus“ – mit Überlegenheit der Wirtschaft – ist heute wieder real.

2. Genug für alle?

Trotz beachtlicher technologischer Fortschritte und wirtschaftlichem Wachstum leiden noch immer Millionen von Menschen an Hunger. Es gäbe zwar genügend Ressourcen, um allen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. Die Bauernkriege ermahnen uns, dass gesellschaftliche Gerechtigkeit nicht nur ein Ideal, sondern eine Notwendigkeit ist.

3. Die Ökologie der Zukunft

Einst forderten die Bauern den Zugang zu natürlichen Ressourcen. Heute steht die Welt vor der Herausforderung, Ökologie und Wirtschaft zu versöhnen. Nachhaltigkeit muss auf die Agenda – nicht nur als Schlagwort, sondern als Handlungsprinzip.


Memmingen erinnert sich – und mahnt

In Memmingen wird das Jubiläum genutzt, um über die Bedeutung von Freiheit, Gerechtigkeit und Verantwortung nachzudenken. Das Projekt „Courage“ setzt sich für eine offene Diskussion über die gesellschaftlichen Herausforderungen ein. Von Vorträgen über Kunstinstallationen bis hin zu traditionellen Festen – die Veranstaltungen laden dazu ein, Geschichte und Gegenwart miteinander zu verbinden.

Höhepunkt ist das Backen eines besonderen Brotes, das nach den Rezepten jener Zeit hergestellt wird. Es symbolisiert die Hoffnung auf eine gerechtere Welt, in welcher alle genug zum Leben haben.


Was steht auf der Agenda?

Angesichts des 500-jährigen Jubiläums und der aktuellen globalen Herausforderungen stellen sich zentrale Fragen:

  • Wie können wir soziale Gerechtigkeit und ökologische Nachhaltigkeit verbinden?
  • Weswegen gelingt es uns nicht, Hunger und Armut zu beenden, obwohl die Mittel dazu vorhanden wären?
  • Welche Verantwortung tragen Organisationen wie das Weltwirtschaftsforum (WEF), das oft mehr Scheinheiligkeit als Lösungen offenbart?

Ein Aufruf an uns alle

Die Geschichte der Bauernkriege betrifft nicht nur Historiker, sondern uns alle. Die Themen, die damals brannten, sind heute relevanter denn je: Gerechtigkeit, Freiheit und der Kampf gegen Ungleichheit. Es liegt an uns, diese Lehren von 1525 ernst zu nehmen und für eine Welt einzustehen, in der es genug für alle gibt.

Hinsichtlich „Memmingen“ können wir uns nach der Bedeutung von Freiheit orientieren. Es ist an der Zeit, darüber zu diskutieren. Freiheit ist ein hohes Gut und die Grundlage von Demokratie und Menschenrechten, das sollten wir immer bedenken.




Strassenmusik bringt Lebensfreude

Strassenmusik – sie belebt Städte, bringt Lebensfreude und sorgt für Abwechslung im oft grauen Alltag. Ob fröhliche Melodien, mitreissende Rhythmen oder nachdenkliche Balladen – Strassenmusiker lassen Passanten innehalten. Doch hinter der romantischen Vorstellung von spontanen Klängen auf öffentlichen Plätzen verbirgt sich eine komplexe Realität.

Ein schmaler Grat zwischen Kunst und Überleben

Leider wird Strassenmusik häufig als Bettelei stigmatisiert. Es bestehen Berichte über organisierte Gruppen, die den ganzen Tag über arme Leute spielen lassen. Abends wird das Geld eingesammelt, und die Musiker selbst leben unter prekären Bedingungen. Diese Strukturen versucht die Polizei zu verhindern. 

Zugleich wird Strassenmusik als Gewerbe behandelt. Genehmigungen sind Pflicht, und Musiker sollen „vorspielen“ und eine Gebühr entrichten. Solche Regularien werfen die Frage auf: Ist Straßenmusik wirklich ein Gewerbe? Oder vielmehr ein kultureller Beitrag, der von Bürgern geschätzt wird und zur Belebung des öffentlichen Raums beiträgt?

Strassenmusik ist ein hartes Geschäft. Die Einnahmen reichen oft kaum, um die einfachsten Bedürfnisse zu decken, geschweige denn ein Hotel zu finanzieren. Wer populäre Stücke spielt und dabei ausdauernd ist verdient etwas – doch der Kontakt mit dem Publikum bleibt meist flüchtig. Ein flüchtiges Lächeln, ein Münzwurf – selten kommt es zu einem echten Austausch.

Und, bevor überhaupt Geld verdient werden kann, Einkaufsstraßen in großen Städten und populäre Urlaubsdestinationen erwachen zunehmend durch kommerzielle Einflüsse zum Leben. In diesem Kontext wird Straßenmusik zur Randerscheinung und verliert sich unter der Aufmachung des Kommerzes, sodass sie aus der allgemeinen Wahrnehmung verschwindet.

Strassenmusik als örtliche Veranstaltung

Es existieren jedoch auch Beispiele von der Wertschätzung der Strassenmusik. Das Bardentreffen in Nürnberg ist eine der grössten Veranstaltungen dieser Art und zeigt, wie Strassenmusik zu einem Konzertevent wird. Mit Bühnen und finanzieller Unterstützung lockt das Festival jährlich Tausende Besucher an.

Das Bardentreffen könnte auch für kleinere Orte ein Vorbild sein. Die Förderung von Strassenmusik – sei es durch gezielte Veranstaltungen, kleine finanzielle Anreize, Finanzierung der Reise – wäre ein Schritt, um den kulturellen Wert dieser Kunstform anzuerkennen. Straßenmusik ist mehr als nur Unterhaltung: Sie belebt die Städte zusätzlich, schafft Begegnungen und erinnert uns daran, wie viel Freude in der Einfachheit der Musik liegt.

Es ist an der Zeit, die Straßenmusik als bereichernden Teil des urbanen Lebens zu schätzen – ebenso wie die Künstler selbst!

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Die Links innerhalb des Textflusses führen zum Bardentreffen auf der Weltkarte.




Wird Kur zum Luxusgut?

Einst waren Kuren ein selbstverständlicher Teil der Gesundheitsvorsorge. Arbeitnehmer wurden via Rentenversicherung zur Kur geschickt, um ihre Arbeitskraft zu erhalten und länger gesund zu bleiben. Diese Zeiten scheinen vorbei zu sein. Heute hört man mehr Begriffe wie „Rehabilitation“ – zielgerichtete Maßnahmen, die oft erst nach Erkrankungen oder Operationen in Anspruch genommen werden. Doch was bedeutet dieser Wandel für die Gesellschaft?

Vergangenheit: Prävention statt Reparatur

In der Blütezeit des Kurwesens stand die Prävention im Mittelpunkt. Heilbäder wurden gezielt genutzt, um die Gesundheit der Menschen zu fördern. Das Ziel war, Krankheiten vorzubeugen und sich ordentlich zu erholen. Das Kurwesen war eng mit sozialen Gedanken verknüpft. Arbeitnehmer aller Schichten profitierten, und die Kuren hingen nicht vom Einkommen ab.

Gegenwart: Reha statt Prävention

Heute geht es primär um Rehabilitation. Ein Aufenthalt wird nur gewährt, sofern bereits ein gesundheitlicher Schaden eingetreten ist. Besonders ältere Menschen stehen hier im Fokus – oftmals unter der Fragestellung, ob sich teure Eingriffe wie künstliche Gelenke überhaupt noch lohnen. Fehlt das Geld, sind Rentner zum Leiden verurteilt. Privatversicherte hingegen sehen sich hierbei oft deutlich besseren Bedingungen gegenüber. Doch kann man eine solche Ungleichheit in diesem Gesellschaftsbereich als gerecht ansehen?

Während gutbetuchte Menschen Wellness-Angebote und luxuriöse Spa-Aufenthalte nutzen, bleibt die klassische Kur für viele unerschwinglich. Hingegen könnten Investitionen in Prävention langfristig Kosten senken und generell die Gesundheit fördern. Dennoch sehen Krankenkassen offenbar keine Notwendigkeit, in die Vorsorge zu investieren.

Zukunft: Kuren im Ausland?

Die steigenden Lebenshaltungskosten und Altersarmut in Deutschland treiben immer mehr Menschen ins Ausland. Tschechien, Bulgarien oder Ungarn bieten preiswerte Alternativen. Doch auch dort steigen die Preise, und „die goldenen Zeiten der Kurorte“ verblassen. Franzensbad, einst Treffpunkt der Elite, ist heute primär auf tschechische Reha-Patienten angewiesen.

Viele historische Kurhäuser könnten erneuert werden, doch fehlt das Geld dazu. Nur wenige Betreiber schaffen es, Franzensbads Tradition mit Naturheilmethoden und nostalgischem Charme am Leben zu halten.

Demografischer Wandel: Eine Herausforderung

Die alternde Gesellschaft und sinkende Kaufkraft von Rentnern werfen Fragen auf. Immer mehr ältere Menschen benötigen Unterstützung, weil die Altersarmut zunimmt. Der Druck auf die Renten- und Gesundheitssysteme wächst daher, und die steigenden Kosten für Wohnen und Lebensmittel belasten vor allem die Schwächsten.

Eine vertane Chance?

Langfristig profitieren könnten die Krankenkassen durch gezielte Investitionen in die Gesundheitsprävention. Gesündere Menschen verfügen über eine höhere Lebensqualität, was auch geringere Folgekosten für das Gesundheitswesen erzeugt. Doch stattdessen werden in anderen Bereiche Milliarden gepumpt, so etwa in die Kriegsindustrie. Eine zukunftsorientierte Gesundheitspolitik, in welcher immer besonders Vorsorge gefördert wird, scheint in weiter Ferne.

Das Kurwesen, einst Symbol für soziale Gerechtigkeit, droht zur Randerscheinung zu werden. Die Frage bleibt: Möchten wir uns diese Entwicklung wirklich leisten?




DeutschlandTicket: Tourismus – nein danke


Das DeutschlandTicket, ein Meilenstein im deutschen Nahverkehr, bietet für wenig Geld einen Monat unbegrenztes Reisen im Regionalverkehr. Für Touristen könnte es ein unschlagbares Angebot sein; einfach und entspannend. Doch in der Reisebranche spielt das Ticket keine Rolle. Bei „Tourismus Bayern“ beispielsweise verweigert man sich der Diskussion dazu. Viele Gespräche ergeben dies.


Zwei amerikanische Reisende berichteten kürzlich begeistert von ihrer Flexibilität, mit dem DeutschlandTicket regionale Städte erkunden zu können. Denn einige Verkehrsverbünde ermöglichen auch Touristen den Kauf des DeutschlandTickets, beispielsweise der Stuttgarter Verkehrsverbund, aber eben nicht einmal „Tourismus Bayern“. Dies, obwohl es seitens der Regierung als Pendlerticket gedacht ist, was allerdings nie wirklich funktionierte. So wird das DeutschlandTicket oft „nur“ für Ausflüge genutzt, oder Bekannte werden damit besucht. Weshalb kann das – möchte das – der Tourismus in Deutschland in weiten Teilen nicht sehen? Touristen sind außerhalb der Pendlerzeiten unterwegs, und unkomplizierte Mobilität ist ihnen immer willkommen. Dabei könnte doch das DeutschlandTicket besonders kleineren Gemeinden und ländlichen Regionen als Tourismusdestinationen Attraktivität verleihen – trotz des schlechten Rufs der Deutschen Bahn.


Zahlreiche Bahnfahrer berichten von frustrierenden Erfahrungen: Unpünktlichkeit, Zugausfälle, unklare Ansagen und fehlendes Personal prägen das Bild. Hinzu kommen sprachliche Barrieren, denn Informationen bestehen meist nur auf Deutsch. Es ist klar; abgesehen vom DeutschlandTicket müsste die Politik den öffentlichen Verkehr generell stärken. Deren Fokus darf nicht ausschließlich auf den Individualverkehr gelegt werden. Langfristig nachhaltige Investitionen in Zuverlässigkeit und Service wären dringend notwendig, um das Potenzial des DeutschlandTickets voll auszuschöpfen.


Der Tourismus sollte den öffentlichen Verkehr in seine Planung einbeziehen. Tourismus bedeutet „Mobilität“. Überdies könnten in den Kommunen viele Details verbessert werden, attraktiv ausgestattete Haltestellen, Taktfahrpläne und verständliche Informationen sind selten anzutreffen. Ferner wäre es von grossem Vorteil, wenn mehrsprachige Apps entwickelt, gezielte Shuttleangebote zu Sehenswürdigkeiten einführt und der Kauf des DeutschlandTickets erleichtert werden. Auch vergünstigte Eintritte zu Sehenswürdigkeiten und Museen könnte die Attraktivität des Tickets steigern.


Das DeutschlandTicket bietet eine beachtliche Chance, den deutschlandweiten Tourismus zu revolutionieren. Vor allem eine bessere Integration des Nahverkehrs innert touristischen Konzepten sowie eine umfassende Kundenorientierung bietet dazu hohes Potenzial. Gerade in einem Land, das einst für seine Organisation bewundert wurde, ist der aktuelle Zustand nicht einfach zu entschuldigen. Es ist an der Zeit, dass alle Verantwortlichen handeln – zugunsten von Touristen, des Klimaschutzes und der Zukunft des Reisens.




Hilft die Industrie dem Tourismus?

In vielen Regionen Deutschlands sind inzwischen jene Industrieanlagen stillgelegt oder umgenutzt worden, die einst das Rückgrat der lokalen Wirtschaft bildeten. Diese alten Fabriken und Produktionsstätten könnten zu Museen, Kultur- oder Einkaufszentren umgewandelt werden. Doch die Frage, ob durch solche Maßnahmen ein nachhaltiger Tourismus entstehen könnte, bleibt. Konzentrieren sich die Städte lieber darauf, ihren Industriestandort zu halten oder sich zu einem Dienstleistungszentrum zu entwickeln? Wir betrachten die Porzellanstadt Selb und die Uhrenstadt Glashütte. 

Konzept für den touristischen Umbau in Selb?

Selb bezeichnet sich als Weltstadt des Porzellans. Die Porzellanindustrie in Selb entwich, lediglich Rosenthal und ein Hotelporzellan-Hersteller überlebte, Rosenthal übernahm praktisch alle Porzellanmarken. Zahlreiche Plätze im Stadtbild erinnern an die einstige Porzellanwelt. Industrielle bauten hier Theater und Sportstätten. 

Einer privaten Initiative ist es zu verdanken, dass Selb ein Porzellanmuseum beherbergt. Auf dem Gelände von Rosenthal und Heinrich werden Fabrikverkäufe betrieben. Aus der Porzellanfachschule wird eine Hochschule für Design. Doch Selb konnte sich trotz schöner Landschaft und vielen Festen nicht als attraktive Touristendestination etablieren. 

Das Kernproblem dafür war der demografische Wandel: Die einst zahlreich vertretenen Porzelliner gibt es kaum noch, und die mickrigen Renten entziehen der Gastronomie die Lebensgrundlage.

Es konnten zwar neue Arbeitsplätze bei erfolgreichen Mittelständlern geschaffen werden. Aber jene Mitarbeiter leben oft auswärts; von der Arbeit geschafft, kehren sie selten ein. 

An einem schönen Sommertag finden sich bei der Eisdiele Cortina mit etlichen Außenplätzen nur wenige Gäste ein. Früher war alles anders. Die Stadt wünscht sich Tourismus. Dies erfordert in Selb gemütliche Boutiquen und Porzellan-Künstler, damit die Menschen vor Ort “ins Porzellan eintauchen” können. Solche Erlebnisse sind wichtig und dürften den Porzellankauf bereichern. 

Glashütte weiterhin ein führendes Zentrum der Uhrenindustrie

Nach dem Zusammenbruch der DDR schafften findige Unternehmer mit starken Marken den Einstieg in den Weltmarkt. Walter Lange und Günter Blümlein erklärten einst: “Wir werden in Glashütte eine Uhr fertigen und diese für DM 100’000,- verkaufen.” Ein verrückter Plan, doch heute kann eine Uhr sogar Euro 2’100’000 kosten.

2000 Mitarbeitende arbeiten in der Uhrenindustrie, Glashütte hat sich ganz auf die Uhrenindustrie ausgerichtet. Uhrmacher machen einen speziellen Menschenschlag aus, ruhig und konzentriert tritt ihre Eigenheit in Erscheinung. Auch sie kehren abends gern nach Hause zurück, um sich auszuspannen. 

In Glashütte, beim Bahnhof, reihen sich die Uhrenfabriken aneinander. Werksverkäufe existieren hier keine, entsprechende Boutiquen befinden sich in Dresden. Lediglich zwei Uhrenhändler und Reparaturgeschäfte gibt es in Glashütte. 

Als Ausflugsziel hält Glashütte mit dem  Deutschen Uhrenmuseum einen Trumpf in der Hand. Immer wieder frischen spannende Sonderausstellungen deren Besichtigungen auf, wie beispielsweise “Die Zeit ist weiblich”, wodurch aufgezeigt wird, wie in der einstigen Männerdomäne Frauen die Uhrenindustrie prägen. Neben dem Deutschen Uhrenmuseum liegt, angepasst an die Öffnungszeiten des Museums, ein gemütliches Restaurant mit Café.

Abends verstummt Glashütte, friedlich und still ist`s, vielleicht möchten das die Uhrmacher so. Man wünscht sich allerdings mehr Tourismus – wirklich? Oder ist das nur ein Lippenbekenntnis? In Glashütte ist die Tourismusinfo jedenfalls schwer zu finden. Selb hingegen setzte ihre Tourismusinfo neuerdings in die Stadtmitte. Die meisten Besucher von Selb fahren mit dem Auto zum Fabrikverkauf und vielleicht noch ins Museum. Was müsste geboten werden, damit mehr Besucher das Stadtleben und die wunderschöne Umgebung genießen. 

Dazu bräuchte es jenes Lebensgefühl einer Porzellan- oder Uhrenstadt, und dieses Gefühl wird durch Menschen geprägt! 

Fazit

Tourismus ist ein hart umkämpfter Markt. Wie sollten hierzu touristische Angebote aussehen? Jenes Flair der Einzigartigkeit von Porzellan, das Selb einst schmückte und prägte, kann heutzutage nur durch Menschen weiterleben, die diese Traditionen hochhalten.

Chancen für den Tourismus durch die Industrie

Falls Industriebetriebe schließen, könnten aus den Fabriken Hotels oder schöne Wohnungen entstehen. Doch das ist kein Erbe, das Erbe ist in den entsprechenden Mitarbeitern festgeschrieben. Industrie und Tourismus zusammen, ginge das? Anhand meiner Betrachtung von Selb und Glashütte erkenne ich, dass dank der Industrie nur wenig Tourismus entsteht.  

Ein Übergang von einem Industriestandort zu einem touristischen Standort kann nur in seltenen Fällen gelingen und erfordert umfassende Planung und Unterstützung. Städte wie Selb und Glashütte zeigen, dass der Weg dorthin oft steinig und nicht durchweg mit Erfolg gekrönt ist. 

Bedeutsame Faktoren für einen möglichen Erfolg sind:

Ein touristisches Konzept

Es obliegt einem hier, Einzigartigkeit und Attraktivität hervorzuheben, dies benötigt eine klare Positionierung. Gerade hinsichtlich kleinen Orten braucht es eine Zusammenarbeit und gute Vernetzung mit Nachbarregionen. Dazu sollte der öffentliche Verkehr genutzt und besonders die davon betroffenen Menschen und Sehenswürdigkeiten der Umgebung einbezogen werden. 

Einheimische einbinden

Die Unterstützung der lokalen Bevölkerung und eine starke Gemeinschaft, die stolz auf ihre Geschichte ist und diese aktiv fördert, sind relevante Erfolgsfaktoren. Je mehr Gastfreundschaft gelebt wird, desto lieber erscheinen die Gäste. Dazu liegen viele Ideen brach. Auch eine eigene Währung in Form von Gutscheinen kann hilfreich sein. Solche Gutscheine sollten durch die Einheimischen verdient werden können und damit Gastronomie, Museumseintritte, Stadtführungen, Konzerte bezahlt werden können. 

Vielfältige Angebote

Auch die Industrie kann ein wertvolles touristisches Potenzial bieten, sofern es gelingt, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen und das Interesse der Besucher zu wecken. Wichtig ist der Einblick in die Produktion durch Schauwerkstätte oder Kurse, um künstlerische Fähigkeiten zu lernen. Eine finanzielle Unterstützung der Industrie ist geboten. 

Ein breites Spektrum an Aktivitäten und Attraktionen muss klar kommuniziert werden und dies nicht nur im Internet, sondern vor allem durch Hinweise vor Ort. Alle Einheimischen sollten immer Prospekte ihrer Heimatstadt griffbereit haben können, um auch auf Reisen davon erzählen zu können. 




SchweizTicket – Plädoyer für Nachhaltigkeit

Der öffentliche Verkehr in der Schweiz ist ein Erfolgsmodell. Dieser hat auch seinen Preis. Vom Bund wird vor allem Rendite für den Fernverkehr gefordert, während für den Regionalverkehr insbesondere Versorgungssicherheit angestrebt wird. 

Doch über die Hälfte der Bevölkerung nutzt den öffentlichen Verkehr wenig. Vor allem außerhalb des Pendlerverkehrs verfügen S-Bahn und Busse über genügend freie Plätze. Also könnte doch wunderbar “das SchweizTicket” funktionieren: Analog zum  DeutschlandTicket dürfen auch hier für monatlich CHF 49.–- alle lokalen Züge und Busse genutzt werden.

CHF 49.– kostete es demnach beispielsweise, indem zweimal von Baden nach Zürich und zurück nach Baden gefahren würde. Bei einem solchen Preis würde sich ein solches Ticket bestimmt als Renner offenbaren. Wer jedoch viel fährt und bequem unterwegs sein möchte, würde für die Nutzung des Fernverkehrs weiterhin höhere Preise zahlen. 

Im öffentlichen Verkehr überzeugt die Schweiz mit Topleistung: Dichte Fahrpläne, nahezu jeder Ort kann stündlich erreicht werden, die Züge sind pünktlich und sauber, die Bahnhöfe gepflegt. 

Eine Stellungnahme der SBB blieb bislang aus, aber deren  Mitarbeiter verwiesen auf die Pressestelle. Auch der TCS schweigt zum Thema. Der VCS verfasste eine ausführliche Antwort, und ich arbeitete diese in einen Beitrag ein:

Gesprächig erlebte ich einige Reisende. Dabei entgegneten manche: Wir werden wahrscheinlich den öffentlichen Verkehr wieder mehr mit unseren Steuern subventionieren müssen, der SVP Verkehrsminister verfolgt eine andere Politik als sein Vorgänger. 

Oder manche auch: Junge Leute können bis 25 jährig für CHF 99,- jährlich das “GA Night – das Jugendabo für Nachtschwärmer” erwerben. Damit haben sie nach 19 Uhr schweizweit freie Fahrt. Mit über 25 kann man nur noch das relativ teure GA für CHF 3995,- beziehen. Und die neuen Spartarife sind schwierig zu verstehen.

Selbstverständlich sollten Leistungen angemessen honoriert werden, und in Vergleichsrechnungen erweist sich ganz klar der öffentliche Verkehr als vorteilhafter gegenüber dem Auto. Allerdings bevorzugen die meisten Autofahrer jene gewisse Unabhängigkeit durch Fahrzeuggebrauch gegenüber der Nutzung des ÖV. Überdies rechnen Autofahrer als Kosten oft nur den Benzinpreis an, also werten hier sehr subjektiv. 

Steuern für den öffentlichen Verkehr zahlt jedoch die gesamte steuerpflichtige Bevölkerung. Denn für viele öffentliche Güter könnten ansonsten keine kostendeckende Preise durchgesetzt werden. Würden dem ÖV nicht alle mittels Steuern beisteuern, könnten ihn nur wenige nutzen, weil so die entsprechenden Nutzerkosten in die Höhe schießen würden.

Deutschland vermochte zwar, das DeutschlandTicket einzuführen, doch auch hier wird um Finanzen gestritten. Zumal die Abos zuvor in vielen Verkehrsverbünden teurer waren und den Betrieben daher mehr einbrachten. Dadurch sind auch an Wochenenden einige Strecken überlastet. Dazu kommen der Lokführermangel und steigende Kosten. 

Was ist uns unsere Nachhaltigkeit wert? Was wird, wenn weniger Autos unterwegs sind? Mehr Platz zum Flanieren! Kein Stress auf der Parkplatzsuche! Mehr Stille! Ein SchweizTicket dieser Art fachte sicherlich weiter Diskussionen darüber an, wie viel uns der öffentliche Verkehr kosten darf. Andererseits bedeutet Nachhaltigkeit so vielleicht auch, weniger und bewusster zu reisen. 

Hintergründe

Infos zur Finanzierung des Regionalverkehrs
Strategische Ziele des Bundesrates

Zum Autor

Stephan Zurfluh ist mit dem DeutschlandTicket unterwegs. Er verfasst eine Webseite zum Thema:
Webseite zu Erfahrungen mit dem Deutschlandticket

Vor allem an Wochenenden verkehren die Nahverkehrszüge zwischen Ballungsräumen, die heute daher überfüllt sind, andererseits wird zu wenig im ländlichen Raum getan. Diese und weitere Punkte beleuchtet er in seiner Arbeit:

Er hat auch ein paar Lieder zum Bahnfahren verfasst.

Fazit:

Ein solches „SchweizTicket“ hat in der Schweiz nur geringe Chancen. So auch, weil der öffentliche Verkehr rege genutzt wird. Es braucht dennoch Ideen, um die Leute vermehrt für den öffentlichen Nahverkehr zu begeistern. Am Ende attraktive Preise, um das Auto bei spontanen Fahrten auch mal stehenlassen zu können.




Glamping – Glamouröses Camping in der Natur

Wien, 14. März 2024: Glamping – eine Wortschöpfung aus „glamour“ und „Camping“ – steht für komfortables Camping inmitten der Natur. Statt einfacher Zelte erwarten Glamping-Fans komfortable Unterkünfte mit bequemen Betten, Sanitäranlagen und Sitzecken. In traumhaften Landschaften gelegen, ermöglicht Glamping ein unvergessliches Reiseerlebnis.

Entwicklung und Trends im Glamping-Tourismus

In Afrika werden dazu beispielsweise Lodges errichtet, die nach der Saison wieder abgebaut werden. Diese Idee von „Exklusivität & Flexibilität“ spiegelt den Kern des Glamping-Gedankens wieder.

Auf der Ferien-Messe Wien widmeten wir uns der Frage, wie sich Glamping im Tourismus entwickelt. Dazu besuchten wir die Stände zu Oberbayern, Kroatien und Slowenien und sprachen mit dem Österreichischen Campingverband.

Glamping als Ergänzung zu Campingplätzen und Hotels

Glamping kann sinnvoll Campingplätze ergänzen. Schon früher bestanden als Alternative zu Zelten kleine Campinghäuser. Glamping geht jedoch noch einen Schritt weiter und bietet noch mehr Luxus und Komfort.

Vorteile für Gemeinden und Tourismusanbieter

Glamping ermöglicht den Gemeinden, mühelos attraktive touristische Angebote zu schaffen. Flexibel könnten an verschiedensten Orten Fertighäuser auf Containerbasis aufgestellt werden. Die lediglich temporären Aufbauten in der Natur würden zudem ausreichende Regenerationen selbiger ermöglichen.

Der Messe-Vertreter aus Oberbayern unterstrich allerdings die Herausforderung komplizierter Genehmigungsverfahren.

Glamping-Beispiele aus Kroatien und Slowenien

Das Avalona Camping Resort in Kroatien überzeugt mit seiner Meeres-Lage. Das Glamping Koren in Slowenien hingegen bietet komfortable Holzhäuser inmitten des Nationalparks Triglav und ergänzt den Campingplatz ideal, welcher ebenso in traumhafter Naturlandschaft gebettet ist.

Glamping und nachhaltiger Tourismus

Glamping verbindet den Wunsch nach Naturnähe mit nachhaltigen Konzepten. So kann auch die lokale Bevölkerung in den Tourismus eingebunden werden. Überdies bietet Glamping gerade in strukturschwachen Regionen eine zusätzliche Einnahmequelle.

Ideal für Restaurants und Bauernhöfe

Glamping eignet sich auch ideal für Restaurants oder Bauernhöfe mit ausreichend Platz auf deren Grundstücken. In Osteuropa scheinen die bürokratischen Hürden für die Umsetzung oft geringer zu sein.

Zukunft des Glampings

Glamping verbindet Komfort und Naturnähe auf einzigartige Weise. Daher ist es hinsichtlich einer Entwicklung zu einem maßgebenden Trend im Tourismus vielversprechend.

Links

Zum Thema Glamping existiert eine ausgezeichnete Webseite mit vielen Tipps zu Glamping und Angeboten aus ganz Europa.
Webseite zu Glamping “Glamping Info”


Die Links innerhalb des Textflusses führen zu den entsprechenden Orten auf der Weltkarte und entsprechend näheren Informationen.




Genossenschaftliche Zukunft im Tourismus: Eine Herausforderung für die Migros

Als die Nachricht erschien, dass Migros beabsichtigt, ihre Reisesparte abzustoßen, begannen Genossenschafter, die Möglichkeit einer Fortführung unter einem genossenschaftlichen Modell zu überdenken: „Dies wäre eine Gelegenheit, die visionären Ideale von Gottlieb Duttweiler, dem Gründer der Migros, neu zu beleben.“

Einst wurde die Genossenschaft „T“ mit Sitz in Zürich ins Leben gerufen, inspiriert durch Duttweilers Ideal, das Wohl der Gemeinschaft in den Mittelpunkt zu stellen. Doch trotz dieses hohen Ideals scheiterte das Vorhaben zunächst an finanziellen Hürden.

In der Hoffnung, deren Modell im Tourismussektor zu etablieren, wandte sich „T“ an die Migros. Empfehlung: Hotelplan – ein Unternehmen der Migros-Gruppe und der größte Reiseveranstalter der Schweiz auszugliedern und als „Genossenschaft T“ weiterzuführen.

Die Vision hinter „T“ schließt eine Neugestaltung des Tourismus ein, bei der alle Stakeholder, von Mitarbeitenden über Reisende bis hin zu Leistungsträgern, als Genossenschafter beteiligt sind. Diese Strategie setzt auf Nachhaltigkeit, Nahtourismus, Freundschaft und Frieden. Alle Migros Genossenschafter hätten Genossenschafter bei „T“ werden können.

Die hierzu beauftragte Investmentbank zeigte Interesse und zielte möglicherweise darauf ab, die finanzielle Machbarkeit dieses Vorhabens zu prüfen. Doch der CFO der Migros entschied sich schliesslich dagegen; Ziel sei es, Hotelplan an Unternehmen zu verkaufen, die eine relevante Rolle im Reisemarkt spielen, bestenfalls noch größere als Hotelplan selbst.
Fakt ist allerdings, dass solche nur im Ausland zu finden sind. 

Die Zukunft von Hotelplan scheint ungewiss, wie auch die Fachzeitschrift „Travel Inside“ berichtet. Es meldeten sich bereits Interessenten zu spezifischen Bereichen des Unternehmens, insbesondere ein Unternehmen in England. Migros strebt durch den Verkauf von Hotelplan einen Erlös von mindestens CHF 500 Millionen an.

Solche Entwicklungen werfen Fragen über die Lebensfähigkeit von Genossenschaftsmodellen im heutigen Reisemarkt auf. Wieder mehr Idealismus und sozialen Kapitalismus bräuchte es meiner Ansicht nach.

Genossenschaften könnten eine Plattform bieten, auf der sich Menschen für gemeinsame Ziele engagieren und somit sozialen Mehrwert schaffen. Insbesondere würden solche Plattformen vielmehr erlauben, dass Genossenschafter ihre Anliegen einbringen. Mittels charismatischer Führung erfordert es andererseits auch ein Unternehmertum.

Fragen und Perspektiven

Der Broterwerb im Reisemarkt ist zweifellos beschwerlich, und dessen traditionelle Geschäftsmodelle stehen unter Druck. Doch eine weitere Frage bleibt auch; inwieweit möchten und können sich heute Menschen für genossenschaftliche Modelle engagieren? Was bedeutet „sozialer Kapitalismus“ in einer zunehmend von Profit vereinnahmten Welt? Und vor allem, was kann in einem solchen Kontext Idealismus bewirken? Am Ende sollten sich Genossenschaften immerhin dem Wettbewerb stellen.

Die Diskussion über die Zukunft des Tourismus und Rolle von Genossenschaften in diesem Sektor ist weit offen. Es bedarf innovativer Ansätze, um die anstehenden Herausforderungen zu bewältigen und den Sektor gemeinsam und nachhaltig zu gestalten. Die Vision einer genossenschaftlich organisierten Reisesparte mag vorerst als reiner Wunschtraum erscheinen, allerdings wirft sie elementare Fragen über die Gestaltung unserer Wirtschaft und Gesellschaft auf.




Abenteuer – unterwegs mit Deutscher Bahn

Der SBB Chef Vincent Ducrot beklagte sich über den Auslandsverkehr, vor allem über jenen mit der Deutschen Bahn. Die Schuld fand er in der schlechten Infrastruktur. In der Tat investierte dort Deutschland seit Jahrzehnten zu wenig. Doch die Lage ist eigentlich viel desolater, wie  Stephan Zurfluh auf seiner Reise nach Franzensbad erfahren musste.

Deutschland per Bahn zu durchqueren, könnte eigentlich als Abenteuerreise gebucht und erlebt werden. Aus zwei Umsteigemöglichkeiten werden dreimal so viele. Linien sind unterbrochen, die Ansage katastrophal, die Mitarbeiter frustriert und viele Bahnhöfe durch frostig-karge Haltepunkte ersetzt. Schlecht ist also nicht nur das Netz, sondern auch die Politik, Gelder fehlen, und frustrierte Mitarbeiter bringen sich wenig ein. Der Vorstand kassiert für die hohe Mitarbeiterzufriedenheit einen Bonus. Wohl weil an gewissen Stellen vorwiegend Lob ankommt, obwohl Kritik angebracht wäre.

Stephan Zurfluh hatte sein Ticket auf der Webseite der Deutschen Bahn gelöst. Dort werden Sparpreise angeboten. Die hatte er für die Strecke St. Margarethen – München besorgt; hierfür einen durchgehenden Zug von Zürich bis München, von dort aus auf einen Regionalexpress, um nach Marktredwitz umzusteigen und später weiter nach Franzensbad zu fahren. Für die Schweiz besitzt er ein GA, für die regionalen Züge in Deutschland das Deutschlandticket, damit er im tschechischen Zug für seine letzten Kilometer Fahr bequem ein Ticket beim Schaffner lösen kann.

Die Deutsche Bahn hatte ihm also ein Ticket verkauft. Im Internet muss immer sofort bezahlt sowie alle Bedingungen akzeptiert werden. Doch wer liest diese schon ganz durch? Auf besagtem Ticket steht nicht, wer der zuständige Ticketaussteller ist. Stephan Zurfluh hatte schon einmal vor dem Amtsgericht Berlin gegen die Deutsche Bahn geklagt, die Klage war wegen Formfehler abgewiesen worden. Seine Gedanken dazu waren, dass ein Konzern irgendeine Verantwortung für den Zugverkehr tragen müsste oder dafür zuständig ist. Doch dies wurde gerichtlich verneint. Die damalige Erfahrung hinterließ einen bitteren Beigeschmack, der nun wieder hochkam.

Nun wieder zurück zu Stephan Zurfluhs Reise nach Franzensbad; um den EC in Zürich sicher zu erreichen, nahm Stephan Zurfluh einen Zug vorher nach Zürich. Sich für die Fahrt einen Sitzplatz zu reservieren, hatte er vermieden. Denn zu oft fiel das Reservierungssystem oder gleich ein ganzer Zug aus. Ohne fest zugewiesenen Sitzplatz lässt sich dafür oft ein angenehmer Reisebegleiter finden. 

Schliesslich vermag auch der Speisewagen manche Not zurechtzubiegen. Doch dieses mangelhafte System beläuft sich bestimmt nicht auf eine gute Lösung für jede Situation und alle Bahnreisenden.

Er stellte sich die Frage: „Schade, wie lange noch, bleibt das ein Traum?“ Als Reisejournalist liegt ihm viel an entspanntem Reisen, einem guten öffentlichen Verkehr in Deutschland, dem Autoland. 

Erst in Zürich wurde auf der SBB App der Ausfall der Verbindung nach München angezeigt. Die Alternative via Stuttgart als Direktverbindung fiel ebenfalls aus. Die SBB App listet immer Alternativen auf; „IC nach St. Margarethen, dann weiter via Bregenz und Lindau,“ stand dort. Deshalb ging es gleich weiter. 

Vorher ein kurzer Check der Busverbindungen bei FlixBus; „Ein Expressbus fährt ohne Halt zum ZOB nach München, Dauer 3,5 Stunden, Preis Euro 44.–.“ Preise können bei hoher Nachfrage rasch steigen. Busse sind bald alle ausgebucht. Die Deutsche Bahn unterstützt so den Konkurrenten Flixbus. 

Die Fahrt von Zürich nach St. Margarethen war angenehm. Ein Umstieg, und die S-Bahn nach Bregenz war gut besucht. Bregenz-Lindau Insel – der Zug war überfüllt, wahrscheinlich wegen des Weihnachtsmarktes. Stephan Zurfluh wäre fast zu früh, in Lindau Reutin ausgestiegen. Lindau Reutin ist ein neuer Durchgangsbahnhof, doch die Züge nach München fahren ab Lindau Insel und halten nicht in Lindau Reutin, obwohl dieser passiert wird. „Ständig muss alles kontrolliert werden! Und warum hält mancher Zug nicht in Lindau Reutin?”

Die Privatbahn Go Ahead fährt ab Lindau Insel, schöne Züge, bequem, direkt nach München fahren sie. Zwar pünktlich unterwegs sind sie, doch mit ständigen Problemen mit Gegenzügen. In München Passing belegte eine S-Bahn das Gleis, daher ereignete sich eine 15-minütige Verspätung. „Warum auch das noch?“ 

Der Zug nach München war, wie viele Züge dank Zugausfällen, überfüllt. Der Hauptbahnhof in München ist ein quirliger Bahnhof, die Passagiere hetzen umher. Es wurde gerade umgebaut, die Orientierung war schlecht, Servicepersonal oder Schalter waren schwer zu finden. Chaotische Durchsagen, die meisten Züge fielen aus. Dabei wurde weder gestreikt, noch war das Wetter schlecht. Am Gleis 25 stand der EC nach Prag, um weiterzukommen. 

Herr Zurfluh stockt erneut: „Deutschlandticket gültig? Egal, man muss nehmen, was es gibt. Offiziell ist das verboten, die Deutsche Bahn möchte offenbar nicht kulant sein. Das Deutschlandticket gilt nur für den Nahverkehr, einerlei, was geschieht. Sehr kundenfreundliche Regelungen!“ Bei einer Verspätung erhält man maximal Euro 1.50 zurück, dafür ist ein zweiseitiger Antrag auszufüllen. Doch glücklicherweise wird dieser EC nicht von der Deutschen Bahn betrieben. 

Im Zug nach Prag spreche ich ein Ehepaar aus Lissabon an. Sie wollten nach Amberg, sollten für nach Nürnberg in Regensburg umsteigen. Das Reisecenter hatte ihnen die Verbindung empfohlen. „Quatsch, besser im Zug bis Schwandorf bleiben, gleiche Strecke, doch dann sind es nur noch 15 km bis zu Ihrem Ziel.“ Die beiden Touristen haben nur München besucht, holen ein Auto in Amberg ab, um nach Lissabon zurückzufahren. „Warum reist kaum jemand in die kleineren Orte, die auch ihren Reiz haben?“

Stephan Zurfluh kennt die Linie, sie verbindet Regensburg und Nürnberg und ist dank DeutschlandTicket oft überfüllt. Die Deutsche Bahn schafft hier keine Abhilfe, ergänzende Zugteile lassen sehr zu wünschen übrig. In Regensburg wird auch gern mal das Gleis geändert.

Von Schwandorf gings dann weiter mit der Oberpfalzbahn nach Marktredwitz. Es bestehen immer weniger direkte Züge zu den Zentren von Regensburg oder München. Die Bahn bis Weiden war ebenfalls überfüllt. Dann wurde es ruhig. Die Schaffnerin kannte allerdings keinerlei Verbindung nach Franzensbad: „Es gibt seit Fahrplanwechsel keinen Zug mehr.“ Stephan Zurfluh schaute nun in der Bahnapp nach; “ach ja, das ist nun Agilis, wusste ich nicht, mir wurde gesagt, es fahren hier keine Züge mehr.”

In Marktredwitz müssen Koffer zum Gleis hochgeschleppt werden. Behindertenfreundlichkeit scheint an den meisten deutschen Bahnhöfen ein Fremdwort zu sein. Auf der Anzeigetafel am Gleis wieder Zugausfälle der Deutschen Bahn. Nur der Agilis Zug fährt. Eine Verbindung nach Hof und eine gegenüber nach Bad Steben gibt es. Die meisten möchten nach Hof. Stephan Zurfluh muss manchen Leuten erklären, am besten den Zug nach Bad Steben zu nehmen. Glücklicherweise kennt er sich aus, da er in der Region aufwuchs. Vor einigen Jahren wurde mit EU Geldern das fehlende Stück instand gesetzt. Früher führten über Hof-Eger die Dampfzüge von Danzig nach Wien.“ 

Die Bahn nach Hof kam pünktlich an. Besagte Reisende wurden allerdings nur mittels undeutlicher Lautsprecher informiert. Den Lokführer kümmerte es nicht, falls jemand falsch einstieg, obwohl die Fahrt dreimal so lange wie die Fahrt Richtung Bad Steben dauert, und die Fahrt für Tschechien ein separates Ticket erfordert. Das DeutschlandTicket gilt hierfür nicht. Der Automat im Agilis Zug war defekt. “Lösen Sie am Bahnhof!” Nur saß man nun im Zug.

Ein Plakat mit Strecken ohne die momentane Linie durch Tschechien hing aus. Keine Kontrolle fand statt, in der Agilis bis Eger saßen nun ja praktisch nur Schwarzfahrer. In Eger füllte sich der Zug: „Lokführerwechsel, Europa lässt grüßen.“ Nach 30 km Fahrt wechselte der Lokführer erneut. Vorher Ausstieg in Franzensbad „Jetzt geht es zur Kur!“

Fazit
Eine Reise mit der Deutschen Bahn ist etwas für Abenteurer. Privatbahnen gewinnen oft die Ausschreibungen für den Regionalverkehr. Meistens sind diese pünktlich, die Züge modern, das Personal freundlich. Alle Züge fahren auf einem Netz, das überlastet ist. Überdies erfordern diese vielen Privatbahnen einen höheren Koordinationsaufwand.

Der Zug ist ein bequemes und schnelles Verkehrsmittel. Die Politik sollte dafür die Verantwortung übernehmen, damit viele Bürger die Bahnen auch nutzen. Bürger sollten sich gegen Dreistigkeiten von Bahnbossen wehren. 

Wobei dafür Verantwortliche ihre Verantwortung auch spüren sollten, um sie wirklich wahrnehmen zu können. Politiker und öffentliche Führungskräfte sollten daher in naher Zukunft nur noch mit der 2. Klasse unterwegs sein und den Nahverkehr nutzen müssen. Wahrscheinlich könnten so politische Veranstaltungen mit Spitzenkandidaten für eine bestimmte Zeit nur noch in Berlin stattfinden. 




Deutschlandticket Langsamkeit lernen

Das Deutschlandticket ist wunderbar, um Deutschland kennenzulernen. Als Pendlerticket gedacht, bietet es auch dem Tourismus interessante Perspektiven. Gerade im ländlichen Raum lassen sich viele Orte erspähen. Denn Urlaub bedeutet zu entschleunigen, Menschen zu begegnen, Neues zu entdecken. Über viele schmucke Orte verfügt Deutschland neben den bekannten touristischen Hotspots. 

Welche Tourismusziele bieten passende Angebote zum Deutschlandticket an? Wie ist es, mit dem Nahverkehr unterwegs zu sein? Was ist dran am Bashing der Deutschen Bahn? Und ist Deutschland vor allem ein Autoland?

Ja, es wird darüber nachgedacht, das Deutschlandticket in der Produktentwicklung einzuplanen. Doch fehlt die Planungssicherheit. Verbesserungen, um den öffentlichen Verkehr verständlicher zu machen, gibt es. Der Nahverkehr ist gewissermaßen pünktlicher, doch durch Zugausfälle geplagt. Und es wird immer noch von Individualverkehr ausgegangen. 

Die Deutschlandticketreisenden brauchen vor allem am Wochenende und während der Schulferien bessere Verbindungen. Taktfrequenzen sind wünschenswert, und zumindest grössere Orte sollten gut miteinander verbunden sein. Eine Idee wäre, dass sich ländliche Räume für längere Reisen vernetzen. 

Ein paar Tage in Günzburg an der Donau und ein paar Tage im Bayerischen Wald, die beiden Regionen sind mit dreimal Umsteigen verbunden. Deutschlandticket, eine Chance für bessere Zusammenarbeit? 

Während meinen Herbstreisen durch Deutschland musste ich Deutschland als Autoland erleben. Den öffentlichen Verkehr im ländlichen Raum gewichtet man gleich wie den Schulverkehr. Ein Halbstundentakt ist selten, die Fahrpläne sind unleserlich, die Busbahnhöfe schlecht beschildert, Busfahrer kontrollieren die Tickets und verkaufen diese. Selbst wenn 20 Schüler einsteigen, welche regelmäßig fahren und sich mit Gepäck durchzwängen. Im Nahverkehr werden vereinzelt Reisebusse eingesetzt. 

Warum wird da nichts verbessert? Es sind Kleinigkeiten. Die Kommunen schieben die Schuld auf das Flüchtlingsproblem. „Keine Zeit!“ Für Projekte muss alles beantragt und gefördert werden. Fahrpläne existieren nur noch als App und die Hotels wissen nicht Bescheid. 

Ferner haftet der Deutschen Bahn ein schlechter Ruf an. Zu Recht; Zugausfälle, Verspätungen, eingezwängt zwischen dem Schienenersatzverkehr, eine ungenaue App und lückenhafte Koordination, um Anschlüsse zu erreichen. Das Deutschlandticket sorgt dafür, dass die Hauptstrecken überfüllt sind. Nur der Verkehrsminister möchte das Ticket anscheinend abschaffen. Finden wir noch bessere Angebote?

Auf Nebenstrecken und außerhalb der Pendlerzeiten sind die Verkehrsmittel oft leer. Schöne Züge, kaum mit Kontrollen sind sie, eine gemütliche Art zu reisen. Beachtliches Potenzial birgt das doch in sich. Doch Bahn-Reiseangebote aus dem ländlichen Raum sehe ich kaum. 

Weshalb sehe ich bei der dortigen Touristik hierzu wenig Eigeninitiative? Deutschland bleibt doch so ein Autoland.

Und dann noch das Argument mit den Gästekarten: Teilnehmende Hotels geben diese aus, und der öffentliche Verkehr ist dabei inklusive. Lieber einen Flickenteppich statt Deutschlandticket, das ist gut für das regionale Marketing.  

„Wie soll Nachhaltigkeit gelingen?“ Die Bahn wäre eine leistungsfähige Alternative zur Strasse. Dafür sollte man die Priorität auf die Schiene setzen. Die Reisebranche hätte lange genug Zeit gehabt, Alternativen zum Verkehr mittels Diesel und Benzin zu entwickeln.

Vielleicht hofft man in der Politik, das Deutschlandticket zu beerdigen. Überdies kann damit jene Bevölkerung ohne Autobesitz mobiler sein. Diese freuen sich natürlich auf Ausflüge mit besagten Tickets. Einige Verkehrsverbände sind zum Glück sehr emsig. Nur ein schwungvoller Tourismus fördert die Zufriedenheit und verbessert dadurch indirekt Infrastrukturen. 

Die Tourismusindustrie ist gefordert, Angebote zu entwickeln und die Transparenz zu verbessern. Für den öffentlichen Verkehr bestehen zahllose Ideen, an welcher Stelle das Geld gut investiert wäre.