Zeit verstehen in der Uhren Weltstadt

La Chaux de Fonds entwickelte sich vor drei Jahrhunderten zum weltweiten Zentrum der Uhrenindustrie. Das heutige Weltkulturerbe der Unesco richtete sich der Uhrenfertigung aus. Bei einer Stadtführung zeigt sich, wie die Stadt fortwährend der Uhrenindustrie angepasst wurde, und warum ausgerechnet hier später 50% der weltweiten Uhren produziert wurden. Die Tourismusverantwortlichen bieten Workshops, um die Uhrenherstellung zu verstehen, ja sogar eine eigene Uhr wird zusammengesetzt. Die Stadt beherbergt auch ein geräumiges Uhrenmuseum.

Die Beherrschung der Zeit verlieh Macht. Deswegen kaufte der Adel und das reiche Bürgertum Uhren, vor allem Taschenuhren. Die Reformation spornte den Menschen an, seine Zeit besser zu managen. Auf protestantischen Kirchtürmen prangern Uhren. La Chaux de Fonds kannte Religionsfreiheit und keinerlei Militärpflicht. Ein Brand ebnete die Gelegenheit zum Neuaufbau. Die Bürger engagierten sich für Produktion und Vertrieb. La Chaux de Fonds beherbergt heute das Schweizer Ausbildungszentrum der Uhrenindustrie für Handwerk, Design und Handel.

Der Stadtführer Rudolf zeigt ein Atelier, worin geflüchtete Menschen die Uhrmacherkunst üben. Er öffnet Türen und gewährt Einblicke in reich verzierte Treppenhäuser. Die italienischen Bauarbeiter schufen einst Stuckaturen und anmutende Malereien. So fühlten sich die Uhrmacher in den grossräumigen, stilvollen Häusern wohl und konnte reiche Gäste empfangen. La Chaux de Fonds kennt viel Licht, wenig Schatten. Die Häuser wurden nach einem einheitlichen Schema gebaut, am Hang, breite Strassen und Vorgärten. In den Wohnungen befanden sich die Werkstätten, die Frauen arbeiteten mit.

Die Uhrenproduktion benötigt beträchtliches Geschick. Der Schweiz gelingt es, hochpreisige Uhren zu fertigen und zu vermarkten. Die grosse Krise vor 50 Jahren ist überstanden: Dank des Marketings von Swatch für Schweizer Uhren und der gemeinsamen Entwicklung von hochwertigen Uhrwerken. Beides untermauerte die Qualität von Schweizer Uhren.

In La Chaux de Fonds zeugt ein weitläufiges Uhrenmuseum über die Geschichte der Uhrenkunst. Die ersten stattlichen Zeitmesser für Päpste sind genauso ausgestellt, wie die Atomuhr. Der Besucher kann in La Chaux de Fonds das Uhrenhandwerk regelrecht spüren. Im Atelier „Le Garde Temps“ werden Uhrwerke sorgsam zerlegt und wieder zusammengebaut. Enorme Geduld ist dafür nötig. In einem anderen Workshop fertigen die Teilnehmer eine eigene Uhr. Eine solche Uhr wird immer an die Uhrenreise erinnern.

Bei einer Übernachtung im Neuenburger Jura bekommen die Gäste eine “Neuchâtel Tourist Card” für kostenlosen öffentlichen Verkehr und freien Eintritt in alle Museen. Im Jura ist die Uhrmacherkunst zuhause, „Tourismus Neuchâtel“ bietet erfreuliche Angebote.




Widerstand für die grüne Fee

Das Tal Val-de-Travers im Schweizer Jura erfand den Absinth; in Frankreich als die sogenannte grüne Fee verlieh er den heure verte, den frühen Abendstunden des Alltagslebens französischer Großstädte das schicke i-Tüpfelchen. Besonders weltweit beliebt war diese Art zu trinken in der Belle Epoque im 19. Jahrhundert. Speziell Kunstszenen und Literaten verhalfen dem Wermutstropfen zu zusätzlicher Beliebtheit. Den Winzern missfiel die grüne Fee, denn sie fürchteten, dass sich Absinth wie der Wein zum Alltagsgetränk mausert. Denn Absinth kostete weniger als Wein und genoss in der einfachen Bevölkerung hohe Beliebtheit. Momentan wird der kräftige Schnaps in ganz Europa hergestellt; seit 2005 ist er wieder überall legal erhältlich. Denn mit Wasser verdünnt milchig erscheinend lässt dieser Wermutstopfen nicht leichtsinnig und fahrlässig mit sich spassen. Obschon der bedenkliche Thujon-Gehalt auf höchstens 35 mg pro Liter festgesetzt wurde. 

Dem Getränk wurden aber auch gefährliche Nebenwirkungen angedichtet. Als Paradebeispiel: Ein Mord, ausgelöst von einem Trinker, der kurz davor Absinth eingenommen hatte, löste eine Propagandamaschinerie aus. Vergessen wurde dabei jedoch, dass der Mörder vor allem Wein getrunken hatte. Und somit die angeprangerten Nebenwirkungen nicht allein den Absinth anbelangen können. Eine Allianz mit christlichen Fundamentalismus sorgte 1908 für das Verbot von Absinth.

Im Val de Travers wurde trotzdem weiterhin illegal Absinth gebrannt. Heimlich wurde der Tropfen fortan gehandelt und getrunken. Als der französische Präsident Francois Mitterrand in Bern unwissentlich ein Dessert mit Absinth genoss, führte das zu einem riesigen Skandal. Andererseits wurde mit Erfolg das Absinth-Verbot wenige Jahre später aufgehoben. “Die grüne Fee erhielt grünes Licht.”

Die Destillerien für Absinth wirkten also nach 1908 und vor dem grünen Licht in der Zeit Francois Mitterrands im Untergrund. Seine Destillateuren fühlten sich wie im letzten gallischen Dorf. Sie trotzten der Übermacht. Dabei überall gegenwärtig Bilder eines teuflischen Richters, die grüne Fee mit dem Kreuz erdolcht. Die grüne Fee stellt ein Symbol für die Erfüllung von Wünschen dar, welche beim Genuss desselbigen ausgelöst werden. Sie reflektiert ferner das Tal im Jura mit seinen Wäldern und Kräutern.

Wer im Schilde führt dem Absinth zu folgen kann sich bei der Tourismusinformation in Neuchâtel erkundigen. Dort liegt eine Broschüre für die Route durch das Tal auf. Darin werden Geschichten erzählt, mit Hintergründen, Tipps, Destillerien von gestern und heute angefügt.

www.routedelabsinthe.com