Zwischen Kaffeenot und Grenzkontrollen
Reisen bildet, sagt man. Und die ITB, das Epizentrum der Tourismusbranche, sollte ein Abbild aller Länder der Welt sein – mit all ihren kulinarischen, kulturellen und logistischen Feinheiten. Doch wer dachte, sich auf der ITB in Berlin einmal quer durch die Welt schlemmen zu können, der wurde dieses Jahr auf eine harte Probe gestellt.
Espresso? Fehlanzeige!
Ein Besuch in der italienischen Halle verspricht Dolce Vita pur – dachte man. Doch wer sich auf einen feinen Espresso oder wenigstens einen halbwegs trinkbaren Cappuccino gefreut hatte, wurde bitter enttäuscht. Statt dampfender Siebträgermaschinen; gähnende Leere. Italien ohne Kaffee – das ist wie Venedig ohne Gondeln oder Rom ohne Papst, schlichtweg undenkbar! Und als ob das nicht schon genug wäre: Auch die legendäre Pizza war unauffindbar. Offenbar hatte die kulinarische Transition bereits begonnen – nur leider nicht im Sinne der Besucher.
Grenzkontrollen der besonderen Art
Wer nach Bayern gelangen mochte – wohlgemerkt auf der ITB, nicht im echten Leben – musste sich mit Grenzkontrollen der besonderen Art auseinandersetzen. Die Eingänge zum bayerischem Stand waren gut bewacht und dessen „Bewohner“ gut von neugierigen Blicken abgeschirmt. Nur durch einen Zaun konnte man die bajuwarische Heimat bestaunen – als stünde man vor Schloss Neuschwanstein, ohne dieses betreten zu dürfen. Wäre da noch der Verfassungsschutz gewesen, hätte man sich glatt wie im Urlaub gefühlt.
Abgeführt am Stand von German Travel
Wehe dem Journalisten, der es wagte, sich in der deutschen Reisebranche unauffällig zu verpflegen! Wer am Stand von German Travel eine Erfrischung suchte, wurde offenbar direkt als Störenfried entlarvt, sofort gemeldet und umgehend entfernt. Ob dies an übermäßigem Kaffeedurst oder an der Angst vor kritischen Fragen lag konnte nicht festgestellt werden. Sicher ist nur: Hier war investigativer Journalismus gefährlicher als Deutschland ausschließlich in einem vorteilhaften Licht darzustellen.
Breakfast in America – Make America great again!
Während die Tourismusorganisation VUSA ein Frühstück für Journalisten im CityCube servierte, musste die ITB-Amerikas-Ankündigung/ITB-Amerikas-Premiere im Marshall Haus ohne kulinarische Begleitung auskommen. Jeder fachkundige Reisejournalist wusste natürlich genau, wohin er sich orientieren sollte. Denn die Messe Berlin vermag es, Pressekonferenzen richtig gut darzustellen, doch nicht wirklich, sie mit Inhalten zu füllen. Wenn halt nur der knurrende Magen gefüllt werden kann – Transition eben – läuft alles nur noch zugunsten von Avataren und KI hinaus.
Alles PR oder was?
Transition lautete das breite Motto des kostenlosen ITB-Kongresses. Und wer sich darunter tiefgreifende Erkenntnisse und spannende Diskussionen erhofft hatte, wurde bald eines „Besseren“ belehrt: Meistens gab es hier nur PR-Geblubber und Eigenwerbung. Der echte Workshop zur Transition – also jener mit echten Inhalten – kostete natürlich extra. Übergangsweise konnte man sich aber auch mit einem Gratis-Lächeln der Ticketverkäuferin begnügen, die mit QR Code einsam und verloren auf potenzielle Teilnehmer wartete.
Die massive Orientierungslosigkeit
Auf dem Messegelände ging es hingegen weniger um Transition als um Navigation. Wer in einem der vielen Gänge stecken blieb, benötigte mehr als eine digitale Karte – nämlich einen echten Reiseführer! Doch leider waren solche nicht in Sicht, und die studentischen Aushilfen wussten oft selbst nicht, wo es langging. So entpuppte sich ein Messebesuch als ultimative Reise-Challenge: ITB-Explorer Edition.
Am Ende bleibt die Erkenntnis: Reisen ist und bleibt ein Abenteuer – selbst, wenn man nur auf die Messe Berlin geht!