Genossenschaftliche Zukunft im Tourismus: Eine Herausforderung für die Migros
Als die Nachricht erschien, dass Migros beabsichtigt, ihre Reisesparte abzustoßen, begannen Genossenschafter, die Möglichkeit einer Fortführung unter einem genossenschaftlichen Modell zu überdenken: „Dies wäre eine Gelegenheit, die visionären Ideale von Gottlieb Duttweiler, dem Gründer der Migros, neu zu beleben.“
Einst wurde die Genossenschaft „T“ mit Sitz in Zürich ins Leben gerufen, inspiriert durch Duttweilers Ideal, das Wohl der Gemeinschaft in den Mittelpunkt zu stellen. Doch trotz dieses hohen Ideals scheiterte das Vorhaben zunächst an finanziellen Hürden.
In der Hoffnung, deren Modell im Tourismussektor zu etablieren, wandte sich „T“ an die Migros. Empfehlung: Hotelplan – ein Unternehmen der Migros-Gruppe und der größte Reiseveranstalter der Schweiz auszugliedern und als „Genossenschaft T“ weiterzuführen.
Die Vision hinter „T“ schließt eine Neugestaltung des Tourismus ein, bei der alle Stakeholder, von Mitarbeitenden über Reisende bis hin zu Leistungsträgern, als Genossenschafter beteiligt sind. Diese Strategie setzt auf Nachhaltigkeit, Nahtourismus, Freundschaft und Frieden. Alle Migros Genossenschafter hätten Genossenschafter bei „T“ werden können.
Die hierzu beauftragte Investmentbank zeigte Interesse und zielte möglicherweise darauf ab, die finanzielle Machbarkeit dieses Vorhabens zu prüfen. Doch der CFO der Migros entschied sich schliesslich dagegen; Ziel sei es, Hotelplan an Unternehmen zu verkaufen, die eine relevante Rolle im Reisemarkt spielen, bestenfalls noch größere als Hotelplan selbst.
Fakt ist allerdings, dass solche nur im Ausland zu finden sind.
Die Zukunft von Hotelplan scheint ungewiss, wie auch die Fachzeitschrift „Travel Inside“ berichtet. Es meldeten sich bereits Interessenten zu spezifischen Bereichen des Unternehmens, insbesondere ein Unternehmen in England. Migros strebt durch den Verkauf von Hotelplan einen Erlös von mindestens CHF 500 Millionen an.
Solche Entwicklungen werfen Fragen über die Lebensfähigkeit von Genossenschaftsmodellen im heutigen Reisemarkt auf. Wieder mehr Idealismus und sozialen Kapitalismus bräuchte es meiner Ansicht nach.
Genossenschaften könnten eine Plattform bieten, auf der sich Menschen für gemeinsame Ziele engagieren und somit sozialen Mehrwert schaffen. Insbesondere würden solche Plattformen vielmehr erlauben, dass Genossenschafter ihre Anliegen einbringen. Mittels charismatischer Führung erfordert es andererseits auch ein Unternehmertum.
Fragen und Perspektiven
Der Broterwerb im Reisemarkt ist zweifellos beschwerlich, und dessen traditionelle Geschäftsmodelle stehen unter Druck. Doch eine weitere Frage bleibt auch; inwieweit möchten und können sich heute Menschen für genossenschaftliche Modelle engagieren? Was bedeutet „sozialer Kapitalismus“ in einer zunehmend von Profit vereinnahmten Welt? Und vor allem, was kann in einem solchen Kontext Idealismus bewirken? Am Ende sollten sich Genossenschaften immerhin dem Wettbewerb stellen.
Die Diskussion über die Zukunft des Tourismus und Rolle von Genossenschaften in diesem Sektor ist weit offen. Es bedarf innovativer Ansätze, um die anstehenden Herausforderungen zu bewältigen und den Sektor gemeinsam und nachhaltig zu gestalten. Die Vision einer genossenschaftlich organisierten Reisesparte mag vorerst als reiner Wunschtraum erscheinen, allerdings wirft sie elementare Fragen über die Gestaltung unserer Wirtschaft und Gesellschaft auf.