Still, heimlich und schleichend haben Algorithmen die Macht übernommen. An vorderster Front Google. Bei manchen Problemen, wo jeder Unternehmer einschreiten würde, sind die Mitarbeiter und Manager machtlos. Algorithmen entscheiden, der Kunde muss sich fügen. Wenn es Probleme gibt, helfen Foren weiter, und es geschieht immer seltener, dass sich Mitarbeiter von Unternehmen aus eigenem Antrieb engagieren. Im Gegenteil, durch Digitalisierung verschwinden menschliche Kompetenzen. Digitales Nomadentum gepaart mit Verdummung auf ein paar Zeichen hin sind Realität geworden.
Die Vorreiter der Algorithmen waren einst Überlegungen, Abläufe zu beschleunigen und später zu automatisieren. Es wurde sich in der Arbeitswelt angeschaut, wie einzelne Abläufe in Prozesse gepackt werden können. Diese wurden stetig optimiert und kontrolliert, durch diese Fertigung waren aber die Kunden kaum betroffen.
Heutzutage werden die Verwaltungs- und Verkaufsprozesse noch vermehrter automatisiert und durch Algorithmen optimiert. Diese lernen selbständig weiter, das Schlagwort lautet künstliche Intelligenz. Wir füttern diese “Intelligenzen” mit zahlreichem Material, „Big Data“ das Schlagwort hierfür. Mehr und mehr werden die Algorithmen stetig angepasst und schliesslich sollte alles durch einen Algorithmus abgedeckt sein. Die Internet-Monopolkonzerne aus Amerika legen hier ein unglaubliches Tempo auf, welches sich jeglicher demokratischen Kontrolle entzieht. Am Ende sehen sich deren und zahllose andere Mitarbeiter machtlos und müssen sich den Algorithmen unterordnen.
Ein Beispiel, ich habe ein Telefon gekauft, und dieses ist innerhalb der Garantiezeit defekt gewesen. Ich bin genötigt gewesen alle mögliche Daten einzugeben und Fotos zu schicken, ein mühevoller Prozess. Letztendlich die Info, dass das Gerät nicht offiziell in der Schweiz vertrieben wird und lediglich nach Deutschland geliefert werden könnte.
So weit, so gut. Ich habe sowieso eine einwöchige Reise nach Deutschland geplant und gehofft, dass das Gerät dort eintrifft. Mein bisheriges Telefon habe ich sofort bei Ankunft in Deutschland abgeschickt, dafür habe ich eine Rücksendeschein erhalten. Jedoch erst nach drei Tagen seit meiner Sendung und meinen Angaben in Deutschland ist das Paket in Belgien aufgegeben worden. Die Sendung hätte ich an eine Adresse Nähe der Schweizer Grenze umleiten wollen, unmöglich.
In diesem Zusammenhang ist viel falsch gelaufen, die Mitarbeiter haben falsche Links geschickt. E-Mails können zudem nur an eine deutsche IP adressiert werden, und die Abklärungsgespräche haben lange gedauert. Am Ende sind die Mitarbeiter machtlos gewesen. Sogar der „Country Manager“ von Google hat bestätigt, dass die Entscheidungsfreiheit hier tief ist.
Mitarbeiter werden dadurch quasi entmündigt und müssen den Algorithmen gehorchen, und auch der Kunde wird gezwungen sich den Algorithmen unterzuordnen. Jetzt kommt das „Machine Learning“ dazu, an welcher Stelle die Algorithmen immer besser werden sollen. Doch die kreative, intuitive Lösung eines Menschen wird ein Algorithmus nie erreichen. Doch statt hier die menschlichen Stärken auszubauen, müssen sich die Menschen den Systemen unterordnen.
In Zukunft werden Algorithmen noch mehr Macht gewinnen, und wir erst später merken, auf welch vielfältige Weise wir von Digitalisierungen abhängig geworden sind. Wir werden ebenso von Computern bedient, sogenannten „Chatbots“ und dies als normal empfinden. Es sprechen schliesslich nur noch Algorithmen mit den Kunden. Computer werden in der Lage sein sich selbst und weitere Computer zu programmieren. Wer nicht in dieses Raster passt, fällt raus. Grosse digitale Unternehmen sind private Firmen, die sich ihre Geschäftspartner auswählen dürfen. Wer deren Richtlinien nicht erfüllt, wird hier diskriminiert.
Die Beispiele von entmündigten Mitarbeitern häufen sich in meinem Umfeld. Mehr und mehr und schliesslich alle Arbeiten sollen automatisiert und mit künstlicher Intelligenz erledigt werden. Das geht schneller als wir denken. Mitarbeiter sollten hierbei als digitale Nomaden durch die Welt ziehen, sich nur über Onlinekonferenzen austauschen. Callcenter werden konzentriert in Ballungszentren aufgebaut, an welchen Orten Mieten unbezahlbar werden. Mitarbeitergespräche untereinander finden selten statt, denn Mitarbeiter werden zu Roboter degradiert.
Alles Probleme sollen die Kunden hingegen gemeinsam in Foren lösen. Die grossen Unternehmen hoffen, dass die für ihr Umfeld zuständigen Dienstleister dort fleissig weiterhelfen. Kundenservice? Fehlanzeige. Einen Mitarbeiter zu erreichen, schwierig. Hilfestellende Telefonnummern und E-Mails werden immer weniger bekannt gegeben. In letzter Zeit engagieren sie sich hier eher in der Hoffnung so „Outsourcing Aufträge“ zu ergattern. Das System funktioniert. Freelancer scheint der Traumberuf vieler auszumachen, nur in der Verhandlungsmacht halten sie dabei kaum noch das Zepter in der Hand.
Die grossen, amerikanischen Unternehmen konkurrieren wenig, jeder macht es sich in seiner Monopolecke bequem. Microsoft engagiert sich kaum mit der Suchmaschine Bing, Google ist Google+ egal. Ebay kümmert sich nur um Versteigerungen, PayPal nur um Zahlungen.
Nur noch Spezialisierung ist gefragt. Wenn jemand mit einer neuen Idee den Markt betritt, wird alles getan, dass sich Monopole entwickeln, meistens aufgekauft. Die Politik schläft, „es spielt ja der Wettbewerb.“
Im Gegenteil, durch Steuersparmodelle und Akzeptanz von unredlichen AGBs wird den digitalen Kapitalisten der Rücken gestärkt.
Wir wissen das alles und lassen es geschehen. Jeder weiss, wie schnell er dank der Datenmacht verstummen kann. Jeder Marketingexperte weiss, dass, wenn er von Google oder Facebook blockiert wird, um seine Existenz fürchten muss. Jeder wird zustimmen, dass gerade deswegen die Karten neu gemischt werden sollten.
Wir müssten unbedingt fordern die Datenhoheit wieder den Menschen zu übergeben. Wir sollten innehalten. Über die ganzen Entwicklungen müssten wir dringend diskutieren können. Was aktuell abläuft verstehen die wenigsten. Die Menschen müssten das Tempo vorgeben, nicht die Technokraten.
Das bedeutet unsere Zukunft von allen Menschen gestalten zu lassen, dies oftmals gemeinsam und immerzu solidarisch. Wenn wir dann dennoch in manchen Dingen abgehängt werden sollten, könnte das sogar gut sein. Denn wer möchte sich schon von Algorithmen bestimmen lassen?
Stephan Zurfluh
Brisigstrasse 24
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