Reisezeit

Leistung und Gegenleistung im Reisejournalismus

image_pdfimage_print

Journalistische Entfaltung wird einfacher, fällt leichter, sofern alle Kosten gedeckt werden können. „Reisezeit“ bräuchte dazu mehr Einnahmen. Recherchen sind nur durch private Finanzierung oder PR-Mandate möglich. Im Reisejournalismus sind jene Quellen zunehmend weniger auffindbar, die seltener dokumentiert werden. Selten wirken hier auch Aktionen von Propagandisten, sogar auf allfällige Einwände wird hier sogar gerne ganz verzichtet. Faktengetreue und/oder weitgehend neutrale Quellen bis hin zu eigennütziger PR treten daher überall zu Tage, besonders dort, wo für Autoren geringe Kosten entstehen, so auch manch Lobbytiraden.

Das Erstellen eines Reiseberichts erfordert Zeit, oft lässt es sich am ehesten als Teamarbeit erarbeiten. Zahllose PR Agenturen steuern aber „kleine Anbieter“ wie folgt aus: Hoteliers könnten durch geschickte Vermarktung günstigere Zimmer offerieren. Die Grenzkosten für das Belegen eines Zimmers bewegen sich auf tiefem Level. Aber solche Zimmer werden für Touristiker und Reisejournalisten selten sichtbar angeboten. Für Städte würden sich zudem Gratistickets und kostenlose Stadtführungen auf geringe Investitionen belaufen. Aber lediglich Museen vergeben immer gern mal wieder kostenlose Presseeintritte.

Zugunsten der Touristik verrichten wir gern journalistische Arbeiten. Wir engagieren uns mit viel Herzblut. Interessiert und lernbereit, um die Arbeit noch wirkungsvoller zu gestalten, sind wir ebenso. Das dafür notwendige Knowhow beziehen wir aus der Reporterfabrik, und wir lesen Bücher. Die meisten Reisen finanzieren wir selber. Nach einer Einladung revanchieren wir uns stets mit Präsenz auf unseren Webseiten und verlinken hierbei auf unsere Gastgeber.
Dennoch halten wir fest; nur weil wir eine Reise unternommen haben, bietet dies keine Garantie für eine Veröffentlichung.

Mit Exposés bewerben wir uns für Themen,
weiter zum Thema Exposé;

Ausgeben und nichts einnehmen?

Die Honorare sollten fair sein. Stattdessen erlebten wir auch schon oft, dafür zahlen zu müssen. Im Beispiel nun wieder nicht für das ZFF, zwar eine tolle Veranstaltung: Akkreditierung CHF 70.–, vor Ort CHF 100.–. Im Gegenzug gilt man als Journalist, kann sich Pressescreening und Filme ansehen sowie Unterstützung für ein Interview mit einem Filmemacher anfordern. Hingegen obliegt es dem Reisejournalisten hier, selbst für seine Reise und Verpflegungskosten aufzukommen. Doch im Grossen und Ganzen „passt es“, allerdings nicht für uns als Kleinbetrieb.

Weshalb soll nun aber ein Veranstalter von den Journalisten zusätzlich einen finanziellen Beitrag fordern, wenn er doch im Gegenzug kostenlose PR erhält? PR setzt sowieso eine persönliche Begegnung vor Ort voraus. Denn nur im Internet und in anderen Medien zu recherchieren basiert tendenziell auf Emotionsarmut und stiftet oft entsprechende Gleichgültigkeit. Eine Veranstaltung, wie das Zürcher Filmfestival ist für mich als Journalist eine teure Angelegenheit. Zugunsten solcher Veranstaltungen bestehen zwar Sponsoren und freiwilliges Personal, aber etliche Dienstleister sollten eigentlich dafür bezahlt werden. Für mich ist das also ganz und gar finanziell unerschwinglich.

Für mich als Reisejournalisten bleibt hinsichtlich meiner Recherchetätigkeit ein schaler Nachgeschmack. Der Einstieg in den Online-Journalismus ist einfach. Eine Webseite genügt. Doch die eigentliche Arbeit beim Einfangen persönlicher Eindrücke vor Ort kostet viel Zeit. Zwar folgen zahllose Aufrufe und Klicks im Netz, am Ende bleibt dennoch meist nichts hängen. Viele gratis Informationen gehören heute für die Leser im Internet zur Normalität, sie suchen auch lange danach. Manchmal greifen sie zum Telefon, ihre Frage an den Autoren wird beantwortet. Bestenfalls folgt ein Dankeschön. Ein Restaurant, welches hier beschrieben wird, möchte selbstverständlich sein Essen bezahlt haben. Honorar? Geld macht sich im Kapitalismus aber oft als Hygienefaktor, wer kein Geld erhält, vermag keine saubere Arbeit zu leisten.

Google erhält durch ihre Suchmaschine Werbeeinnahmen. Wir wären berechtigt, einen Anteil daran zu haben, denn wir stellen schliesslich Inhalte ins Web.
Ein Beispiel:

Artikel über Albergo Diffuso, Corippo

Aufwand:
Reise nach Corippo, Tagesausflug;
6 Stunden für Pressebericht, eingeschickt an die European News Agency und Beitrag auf Schweiz.reisen,
1 Stunde für Fotos, Beschreibung
CHF 20 – für Geschenke
CHF 50,- für ein gesundes Essen.

Ergebnis
Bisher 120’000 Aufrufe, 7’000 Klicks,
vor allem Aufrufe der Bilder bei Google, die Klicks bei der European News Agency.
Ob sich daraus tatsächlich eine Reise ergibt?

Überlegen Sie bitte:
Wie viele Aufrufe lösen Sie aus, beziehen sich diese auf Ihre Anzeigen selbst?
Wann führt der Klick zu einem Kauf in Ihrer Anzeige?
Am Ende erhält jemand anderer, wie Booking.com oder das Hotel selbst einen Auftrag, zuvor hat ein Kunde bis zu 300 Webseiten gescrollt. 

Einnahmen
Keine. Von wem was fordern?
Anfragen für eine kostenlose Leistung scheitern hinsichtlich ihres Aufwandes, denn die Touristiker werden von Influencern überrannt, von denen die Influencer selbst oder deren Arbeitgeber die höchsten Gewinne erzielen.

Vielleicht fehlt mir das Verhandlungsgeschick. Ich arbeite, weil es mir grosse Freude bereitet. Der Markt agiert hart – Tourismus ein Haifischbecken. Finanziell beläuft sich das auf eine „win/loose-Situation“, ich zahle, promote, erhalte dafür nichts. Im Gegenteil, ich lege drauf. Wird einmal zu einem Sponsoring eingeladen, heisst es im Vorfeld immer, „Auswertungen liefern“ – welche am Ende wenig aussagen.

Die Tageszeitungen werden in der Regel hofiert. Möchte ich hingegen einen Artikel als PDF zur Verfügung stellen, soll ich zahlen:
Alle unsere Erzeugnisse sind urheberrechtlich geschützt, eine Weiterverwendung darf nur mit unserem Einverständnis und unter Quellenangabe erfolgen und ist immer kostenpflichtig. Der Direktlink ist gratis (hingegen Abo+ Artikel nur lesbar für Abonnentinnen und Abonnenten). Wenn Sie unsere Artikel (Zweitverwertung) als PDF veröffentlichen möchten, müssen wir Ihnen dafür den Betrag von CHF 100.00 plus MwSt. verrechnen.

Zum Thema Bezahlschranke habe ich schon geschrieben:

Gern führe ich Diskussionen dazu.