Reisezeit

Endlich an Bord und auf nach Georgien

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Ich habe die Fähre „MS Vilnius“ von Odessa nach Poti genutzt. Mein Ziel Rize, die Teehauptstadt der Türkei. Langsam reisen, damit die Seele mitkommt. Die Zugfahrt in die Ukraine hat uns, – mir und anderen Zuggästen -, schöne Erlebnisse beschert. Dann Odessa, – eine wunderbare Stadt! Die Überfahrt auf dem Schwarzen Meer entpuppt sich als eine Reise voller Überraschungen und Begegnungen fernab von den Tourismusströmen. Einige wenige Reisende gelangen so nach Georgien, die Fahrt mit der Fähre birgt unerwartet Imposantes.

Es beginnt schon bei der Buchung, im Internet hat „Ukrferry“ dazu eine Plattform geschaffen. 14 Tage vor der Reise wird der Fahrplan aufgeschaltet, eine Woche vorher die Buchungsmöglichkeiten. Die Kabinen können gewählt werden, bezahlt wird mit Kreditkarte.

Mein Reisebetrag wurde abgebucht, und das System meldete, dass die Zahlung nicht geklappt hätte. Es kann sogar passieren, dass ein Schiff ausfällt und aber automatisch umgebucht wird. Bei mir dauerte die Reise dadurch einen Tag länger und führte nach Poti statt Batumi. 

Während ich buchte, konnte ich mir kein Ticket ausdrucken, sondern eine Bestätigung dafür. „Willkommen mit E-Ticket wie für einen Flug?“ Am Ende doch erleichternd; man konnte sich das Ticket in einem Büro vorher abholen. Jedoch würde es auch lediglich mit Bestätigung am Check in funktionieren. Ein Ticket verleiht aber ein angenehmeres Gefühl. 

Das Gebäude für den Check in ist in einem Niemandsland in Tschornemorsk, 30 km vor Odessa. Kein Café oder sonstige Annehmlichkeiten, nur draussen ein überdachter Wartebereich. Da bleibt nur die 700 m entfernte Tankstelle, mit der einzigen Möglichkeit Lebensmittel zu kaufen. Daneben ein verruchtes, mir sehr sympathisches türkisches Restaurant. Ins Gebäude des Check in wird nur reingelassen, wer einen Propusk besitzt. Der Zugang zu den Toiletten gesperrt.

Dennoch, die nächsten Schritte sind wie beim Flieger, zumindest für Passagiere ohne Fahrzeug. Bei Autofahrern kann es hingegen lange dauern bis auf dem Schiff ankommend, ca. 6 Stunden. Ich stehe auf der Liste als Passagier, ab geht’s zum Warteraum. Später Gepäckkontrolle, Passkontrolle und ein Bus der ein paar Meter zum Schiff fährt. Sich in den Bus mit dem Gepäck zwängend. Wozu? Wieder eine kurze Kontrolle am Schiff und später an die Rezeption. Dort ereignet sich alles beengt und kompliziert. <<Weshalb es so lange für die Schlüsselübergabe dauert? Keine Ahnung.>> Man hat Zeit.

Dreimal täglich gibt es Essen, dies wird jeweils durchgesagt. Typisch ukrainische, einwandfreie, reichliche Küche. Die Essenszeit beträgt 30 Minuten, die Tische sind reichlich gedeckt. Hingegen ein Kaffee zum Frühstück? Fehlanzeige, muss in der Bar später gekauft werden. Dort sitzen zwei Passagiere, die dem Alkohol frönen. 

Auf dem Schiff ein Leben ohne Internet. Stattdessen Erholung, Ruhe und das Meer. Freizeitangebote, Sauna oder Pools, Fehlanzeige. Die MS Vilnius ist eine Fähre mit Baujahr 1987 in Wismar und im Guinness Buch der Rekorde, weil sie die meisten Eisenbahnwaggons aufnehmen kann. Neben Eisenbahnwaggons werden LKWs, ein paar Autos und Motorräder transportiert.

50 Stunden dauert die Fahrt nach Poti, inkl. 10 Stunden Tankpause, über 1050 km werden zurückgelegt. Getankt wird auf dem Meer, zehn Stunden liegt die Fähre neben dem rumänischen Tankschiff. Wahrscheinlich werden so Steuern gespart. Alle sind glücklich an Bord zu sein, für die Fahrer hat die Einschiffung lange gedauert.
Sechs Kontrollpunkte mussten für die Fahrer passiert werden. Chaotisch halt, wie die Ukraine eben ist, und doch klappte alles noch. 

Durch das gemeinsame Essen und besonders auf den Decks ergeben sich Kontakte. Junge Leute, die ein Auto nach Georgien bringen, der Bergsteiger, der seine geheimen Plätze aufsucht, die Uniprofessorin mit viel Material für ein Ausgrabungsprojekt, Rucksacktouristen, wo der Weg deren Ziel ausmachen soll, die LKW Fahrer, die leider auch Tiere zur Schlachtung transportieren. 

Über 100 Passagiere befinden sich an Bord, jeder mit seiner Geschichte. Für die meisten Teil der Arbeit und eine ordentliche Erholung bevor die LKW-Fahrt weitergeht.

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